Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Veit Rauch zum Haushalt 2023. Es ist 5 vor 12 !!

24. November 2022

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Sümenicht,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Ich will es mal gleich am Anfang sagen: der Haushalt ist eigentlich jetzt schon katastrophal. Ich kann mich, solange ich hier im Rat sitze, nicht an so einen desaströsen Haushalt erinnern. Selbst in den letzten Jahren der Corona-Pandemie sind wir, sicherlich auch durch die aufgelegten Hilfen von Bund und Land, besser durch die Zeit gekommen.


All das, was der Stadtkämmerer uns hier vorgelegt hat, beruht letztendlich auf Zahlenschätzungen und Prognosen aus August 2022. Um es ganz deutlich zu machen: Das ist in keinem Fall ein Vorwurf an Sie, Herr Schmieding. Sie müssen ja ab dem Zeitpunkt, wo sie mit einem Entwurf beginnen, eine Grundlage haben, auf der Sie letztendlich auch aufbauen. Für ihre Arbeit und Mühen diesen Haushalt aufzustellen und zu bewältigen danke ich ihnen, auch im Namen meiner Fraktion. Ich persönlich finde es eigentlich immer weniger spannend, wenn ich mir die Einleitungen zum Haushalt

durchlese. Das weicht ja nie signifikant von den Vorjahren ab. Was allerdings nicht davor täuschen darf, dass unsere Aufgaben, die ja auch als grundlegende Ziele zitiert werden, faktisch auf Dauer so nicht erfüllbar sein werden.


Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen hier im Rat, um auch das klar auszusprechen, wenn wir so weiter machen, und nicht in der Lage sind auch nur ansatzweise in Erwägung zu ziehen, uns zusammen zu raufen, dann werden wir die Haushalte der nächsten Jahre ohne Airbag vor die Wand fahren.
Unsere Investitionen sind nur über Kredite leistbar. Unsere laufenden Tätigkeiten werden aber zusätzlich noch dazu führen, dass wir auch Liquiditätskredite brauchen werden. Wir können nicht mehr einfach so tun, als ob alles so schön weitergeht, als wäre nichts passiert. Das ist völlig abwegig und wird auch der Verantwortung jedes Einzelnen hier nicht gerecht. Wie soll man auch in der Tendenz ein 8 Millionen Defizit schönreden?
Jede einzelne Maßnahme gehört eigentlich auf den Prüfstand: ob nun investiv oder auch die Geschäfte der laufenden Verwaltung.

53 Millionen Haushaltssumme und über 60 Millionen mögliche Ausgaben sprechen mehr als eine deutliche Sprache.


àPersonalkosten 2018 = 14 Millionen Euro. àPersonalkosten 2023 = 21 Millionen Euro.
Das sind alleine in diesem Bereich nicht nur 35% Mehrkosten in 5 Jahren, nein, es sind auch fast 40% des Gesamthaushaltes, den wir mittlerweile für Personal aufwenden. Ich will auch überhaupt nicht bewerten, ob das gerechtfertigt ist oder ob man da vergleichbar zu anderen Kommunen liegt. Viele neu vom Bund und Land den Kommunen aufgedrückten Aufgaben müssen auch erledigt werden.
Allerdings, und das ist nun einmal so, ist unser Haushalt mit diesen Personalkosten, der Kreisumlage und dem Zuschussbedarf im Bereich der Kinderbetreuungskosten faktisch soweit aufgebraucht, dass wir eigentlich schon wenig bis gar keinen Handlungsspielraum mehr haben, um beispielsweise unsere Infrastruktur Instand zu halten oder auch unseren Brand und Katastrophenschutz sicher zu stellen.
Wie soll es weitergehen!?
Und hier muss ich einfach auch mal unsere Frau Bürgermeisterin Lange fragen: es ist auch ihre Aufgabe uncharmante Entscheidungen zu treffen oder zumindest der ehrenamtlichen Politik Vorschläge zu

unterbreiten, was möglicherweise eben im Moment nicht machbar ist. Dass sowas nicht populär ist, das ist mir klar, aber ich habe ehrlich gesagt auch keine Lust mir von einem „Sparkommissar“ aus Stadthagen irgendwann sagen zu lassen, wie viele Bleistifte wir denn in Rinteln noch kaufen dürfen. Die Zeiten des „Wünsch dir was“ sind unserer Meinung nach vorbei!
Allein die Unterhaltung der städtischen Gebäude mit ihrer Bausubstanz und natürlich auch jetzt mit den völlig surrealen Steigerungen im Bereich der Energiekosten ist so nicht auffangbar.
Freiwillige Leistungen anfassen?
Wer macht das schon gerne?
Personalkosten nicht weiter steigen lassen?
Bedeutet Qualitätsverlust in dem einen oder anderen Bereich.
Bleibt also noch Einnahmen zu steigern!
Gebühren erhöhen, Grundsteuern erhöhen, Gewerbesteuer erhöhen.
All das trifft aber auch auf eine ohnehin schon genauso belastete Bevölkerung und Betriebe, die angesichts dessen auch nicht mehr ein oder aus wissen. Auch bei den Betrieben und Privatpersonen haben sich Energiepreise nahezu verdoppelt. Natürlich haben sich auch die Bewirtschaftungskosten städtischer Gebäude gerade wegen der

Energie ebenfalls nahezu verdoppelt. Da fehlen uns mal eben 2,3 Millionen Euro, die wir gut gebrauchen könnten, um eben Klimaschutz und damit z.B. eine Ladeinfrastruktur oder ähnliches ausbauen zu können. Klimaschutz funktioniert am Ende eben auch nur auf einem bezahlbaren Weg.
Wir als CDU-Ratsfraktion strecken hier im Rat wirklich die Hand aus, um einen Weg zu finden, der uns dann hoffentlich halbwegs über die nächsten Jahre bringen wird.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist überhaupt kein Spielraum für taktisch motivierte kommunalpolitische Spielchen. Deshalb lassen Sie uns so schnell wie möglich in Zusammenarbeit mit der Verwaltung einen Weg finden, um dem ganzen Schlamassel zu begegnen.
Vielen Dank an Herrn Schmieding und an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die uns das ganze Jahr über bei Fragen immer zur Verfügung gestanden haben.
Da wir aber insgesamt aus dem Haushalt 2023 nicht erkennen können, dass der Verwaltung klar geworden ist, dass auch hier wie bei jedem Bürger der sprichwörtliche Gürtel enger geschnallt werden muss, werden wir uns bei dem diesjährigen Haushalt enthalten.

Veit Rauch / Fraktionvorsitzender